Testpilot Waleri Tschkalow: Stalins liebster Draufgänger

Anatoli Garanin/Sputnik; V. Deni, N. Dolgorukov
Waleri Tschkalow war eines der beliebtesten Flieger-Asse der UdSSR und hatte auch bei Josef Stalin einen Stein im Brett. Er hatte es faustdick hinter den Ohren. Die Umstände seines Todes waren tragisch.

Jeder in Russland kennt den Namen Waleri Tschkalow. Viele Straßen und sogar Städte sind ihm zu Ehren benannt. Es gab eine Zeit, in der er eine echte Berühmtheit war. Tschkalow scherte sich nicht viel um Regeln und Vorschriften. Er hatte das Wohlwollen von Josef Stalin. Im Jahr 1937 startete Tschkalow zu einem Rekordflug von Moskau in die USA.   

Sein wildes Temperament, was ihm bei seiner Pilotenkarriere in den Wolken durchaus nützlich war, bereitete ihm jedoch auch viele Probleme und führte schließlich dazu, dass er einen fatalen Fehler machte.

Ein begnadeter Unruhestifter 

Tschkalow wurde 1904 in eine einfache Familie in einem Dorf geboren. Er arbeitete gemeinsam mit seinem Vater in einer Werft. 1919, im Alter von 15 Jahren, sah er zum ersten Mal in seinem Leben ein Flugzeug und träumte fortan davon, Pilot zu werden.

Waleri Tschkalow

Im selben Jahr trat er in die Rote Armee ein und machte eine Lehre als Schlosser für die militärische Luftfahrt. Dies war sein erster Schritt auf dem Weg zum berühmtesten Testpiloten der Sowjetunion.  

1924 wurde Tschkalow, inzwischen ausgebildeter Kampfflieger, einem Luftfahrtgeschwader in Leningrad (heute St. Petersburg) zugeteilt. Hier bereitete ihm sein ungestümer Charakter erstmals Schwierigkeiten. 

Tschkalow wurde schnell als rücksichtloser Flieger bekannt, der in viele Vorfälle verwickelt war. Er galt als risikobehaftet. Laut einem weithin bekannten, aber unbestätigten Bericht flog Tschkalow einmal sogar mit seinem Flugzeug unter einer Brücke durch. Diese Episode wurde für einen im Jahr 1941 veröffentlichten Spielfilm über den Piloten rekonstruiert.

Seine häufigen Eskapaden, die sich mit triumphalen Momenten abwechselten, hatten oft schwerwiegende Folgen. Einmal wurde er sogar verhaftet und aus den Reihen der Roten Armee ausgeschlossen. Ein anderes Mal wiederum, 1927, nahm er am 10. Jahrestag der Parade der Oktoberrevolution in Moskau teil. Eines Tages, im Jahr 1928, erhielt er eine schwere Strafe, weil er seine Maschine in Stromkabel gesteuert hatte. Doch diese Strafe wurde nach sechs Tagen auf Weisung des Zentralkomitees der UdSSR aufgehoben. 

Sein Ruhm als talentierter Testpilot gab Tschkalow oft einen Freibrief für viele Aktionen, insbesondere nach seinem Rekordflug, der von Josef Stalin persönlich genehmigt wurde.

Von der UdSSR über den Nordpol in die USA 

1930 wurde Tschkalow erneut in die Reihen der Roten Armee aufgenommen und nahm seine Arbeit als Testpilot wieder auf.

Tschkalow und seine Pilotenkameraden einige Stunden nach der Landung

1936 boten zwei Pilotenkameraden Tschkalow die Herausforderung seines Lebens: Nonstop von der UdSSR in die USA zu fliegen. Die 1930er Jahre waren voller großer Leistungen in der Luftfahrt, doch dieses Vorhaben war überaus riskant. Die Flugzeuge waren für eine so langwierige und kühne Unternehmung noch nicht zuverlässig genug. Es schien, als ob dieses enorme Risiko Tschkalow nur noch mehr motivierte, sich dieser Herausforderung zu stellen und die Führung der UdSSR um ihre Zustimmung zu bitten. 

Tschkalow und seine Polikarpow Po-2

Josef Stalin gab den Piloten höchstpersönlich seinen Segen für ihren Plan. Er änderte jedoch das endgültige Ziel und schickte sie nicht in die USA, sondern erst einmal in die Stadt Petropawlowsk-Kamtschatski im russischen Fernen Osten. Die Piloten, einschließlich Tschkalow, verbrachten 56 Stunden in der Luft und hatten etwa 9.000 Kilometer zurückgelegt, bevor sie dort ankamen. 

Die sowjetische Führung war mit diesem Erfolg sehr zufrieden und nutzte den Flug zur Propaganda. Stalin traf die Piloten bei ihrer Rückkehr nach Moskau und übergab Tschkalow eine Polikarpow Po-2 als Geschenk. Zudem wurden alle Piloten als „Helden der Sowjetunion“ geehrt. 

Der Pilot nutzte seinen neuen Status, um die Erlaubnis von Stalin zu erhalten, seinen Traum zu verwirklichen: ein Flugzeug von Moskau über den Nordpol nach Vancouver, Washington, in den USA zu fliegen. Diesmal bekam er Stalins Genehmigung. 

Tschkalows Ankunft in den USA

Am 18. Juni 1937 begann Tschkalows Rekordflug. Seine Ankunft in dem US-Bundesstaat nach einem 63-stündigen Flug hatte bei den Amerikanern für Aufsehen gesorgt: Die Piloten wurden als Helden begrüßt und sogar vom US-Präsidenten Franklin Delano Roosevelt im Weißen Haus empfangen. 

Tschkalow kehrte als Nationalheld nach Hause zurück, der vom Volk bewundert und vom mächtigen Führer der Nation sehr geschätzt wurde. 

Tschkalow und Stalin

Der letzte Flug 

Der legendäre Held der Sowjetunion starb am 15. Dezember 1938 bei einem Flugzeugabsturz. An diesem Tag besuchte er einen Flugplatz in Moskau, um einen brandneuen Prototypen des Kampfflugzeugs Polikarpow I-180 zu testen. Die anschließende Untersuchung ergab, dass Tschkalow gegen den Rat der Ingenieure aufgestiegen war. Diese hatten Bedenken, da die Maschine noch zu viele technische Mängel aufwies, um bereits getestet werden zu können. Tschkalow hatte die Sorgen der Ingenieure ignoriert.  

Moskauer begrüßen die Piloten nach ihrer Rückkehr aus den USA.

Die ersten Minuten des Fluges verliefen noch ohne Probleme, doch plötzlich fiel der Motor aus. Die Maschine stürzte abseits des Flugplatzes ab. Tschkalow wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo er jedoch bald seinen schweren Verletzungen erlag. 

Stalin wurde persönlich über den tragischen Vorfall unterrichtet. Viele der Konstrukteure, die am Bau des Flugzeugs beteiligt waren, wurden festgenommen.

Tschkalow mit seiner Frau und seinem Sohn

Tschkalows angebliche letzte Worte vor seinem Tod halfen den Ingenieuren nicht. „Gebt niemandem die Schuld. Es war allein meine Schuld“, soll er gesagt haben. 

Zu Lebzeiten testete Waleri Tschkalow mehr als 70 Flugzeugtypen. Er wurde als Nationalheld an der Kremlmauer beigesetzt.

>>> Waleri Tschkalow: Wie der Pionier der Luftfahrt „Stalins Route“ bezwang

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