Russische Venus von Boris Kustodijew
Boris Kustodiev/Nizhny Novgorod State Art MuseumHeute hat jede Wohnung ein Bad, aber unter Peter dem Großen badeten die Menschen in öffentlichen Bädern (damals Gewerbebäder genannt) und – wie schrecklich! – die Besitzer dieser Bäder teilten ihre Einnahmen nicht mit dem Staat. Peter I. beschloss, das Problem zu lösen, und verhängte 1704 eine Steuer auf gewerbliche und private Saunen.
Die Bojaren hatten gemäß dem Zaren-Ukas drei Rubel pro Jahr zu zahlen, die Adligen und Kaufleute, die mehr als 50 Rubel mit den Bädern erwirtschafteten, einen Rubel pro Jahr. Alle andere Bürger, die über eine private Banja (wie die traditionelle russische Sauna genannt wird) verfügten, mussten 15 Kopeken pro Jahr bezahlen. Das war sehr viel, denn damals konnte man für einen Rubel etwa 100 Hühner kaufen.
Es war auch kostspielig, die bereits gebauten Badehäuser zu zerstören oder zu verbrennen – das Gesetz verlangte dafür eine Strafe von fünf Rubel. Die Badehausabgabe existierte ein halbes Jahrhundert und wurde erst 1755 wieder abgeschafft.
Eine kleine Kupfermarke mit der Darstellung eines Bartes und ein Bartregister waren im zaristischen Russland nach 1705 Normalität. Die damals von Peter dem Große verhängte Steuer auf diejenigen, die sich weigerten, ihren Bart zu rasieren, war eine der höchsten in der Geschichte Russlands.
Peter I. beschloss die Einführung der Bartsteuer nach seiner Europareise. Seiner Meinung nach sollten die Russen möglichst wie Europäer aussehen – und die trugen damals meist noch keine Bärte.
Alle Stadtbewohner mussten ihre Bärte und Schnurrbärte abrasieren. Wer sein Image nicht ändern wollte, bezahlte für die Gesichtsbehaarung. Für bestimmte besonders reiche Kaufleute war die Steuer höher als für andere – bis zu 100 Rubel pro Jahr. Höflinge, aber auch Kaufleute mit durchschnittlichem Einkommen, Beamte und Handwerker mit Bärten zahlten 60 Rubel pro Jahr. Droschken- und Postkutscher zahlten mit 30 Rubel pro Jahr am wenigsten.
Auch bärtige Bauern wurden besteuert: Für das Betreten der Stadt mussten sie eine „City-Maut“ von 1 Kopeke entrichten. Auf den Dörfern mussten sie ihre Bärte jedoch nicht abrasieren. Eine Ausnahmen waren Popen und Diakone – für sie galt der Ukas nicht.
Die Städte führten Aufzeichnungen über Männer mit Bärten, die die Steuer zu zahlen hatten. Jeder wurde in einem speziellen Buch festgehalten und erhielt ein kleines Abzeichen als Bart-Erkennungsmarke.
Die Steuer wurde erst 1772 während der Herrschaft von Katharina II. abgeschafft, aber auch sie hielt das Verbot von Bärten und Schnurrbärten für Beamte, Militärangehörige und Höflinge aufrecht.
Iwan der Schreckliche und sein Sohn Iwan, 16. November 1581 von Ilja Repin
Ilya Repin/State Tretyakov GalleryIm alten Russland gab es seit dem Ende des 9. Jahrhunderts eine Geldstrafe für Mord, die Wira genannt wurde, berichtet Jefremows Erklärendes Wörterbuch.
Nach dem damaligen Gesetzbuch konnte der Mörder eines einfachen freien Mannes der blutigen Rache entgehen, wenn er an den Fürsten eine Geldstrafe von 40 Griwna zahlte, heißt es in der Sammlung altrussischer Gesetze Russkaja Prawda. Das war kein geringer Betrag – für diese Summe konnte man zwei Dutzend Kühe kaufen, schreibt das Internetportal Profil. Eine Person zu töten, die in der Verwaltung des Fürsten diente, kostete bis zu 80 Griwna. Die Tötung einer beim Ehebruch ertappten Frau sowie schwere Körperverletzungen waren da mit 20 Griwna deutlich preiswerter.
Wenn der Mörder nicht gefunden werden konnte, wurde die Strafe von der örtlichen Gemeindeorganisation, der Werw, bezahlt, die die Gesamtbürgschaft für Straftaten ihrer Mitglieder zu übernehmen hatte.
Die Große Sowjetische Enzyklopädie berichtet, dass sich diese Tradition bis ins 16. Jahrhundert erhalten hat, aber in Jefremows Wörterbuch heißt es, dass die Wira bereits viel früher, im 13. Jahrhundert, abgeschafft wurde.
Seit 1918 wurde jede Unterhaltungs- und Vergnügungsveranstaltung, sei es eine Theater-, Kino- oder Zirkusvorstellung, besteuert. So steht es in einem Brief des Volkskommissariats für staatliche Fürsorge der RSFSR, eines der Ministerien, die während der Revolution von 1917 gebildet worden waren.
Die Steuer wurde für jede verkaufte Eintrittskarte erhoben: von 10 bis 80 Kopeken, wenn das Ticket teurer als 50 Kopeken war, bzw. von einem Drittel des Eintrittspreises, wenn der Preis mehr als 10 Rubel betrug. In den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts konnte man für 80 Kopeken 1 kg Zucker, 1 kg Brühwurst oder 4 kg Brot kaufen. Wenn man bedenkt, dass die Steuer für jedes Ticket erhoben wurde, hatten die Veranstalter insgesamt eine recht große Summe zu zahlen.
Für Karten, die weniger als 50 Kopeken kosteten, wurde zudem eine „Wohltätigkeitsgebühr“ von 5 Kopeken erhoben.
Das Geld, das durch diese Steuer eingenommen wurde, komme Behinderten, Alten, Kindern, Waisen und anderen bedürftigen Bürgern zugute, hieß es in dem Brief.
Ab 1942 begannen die Organisatoren aller bezahlten Veranstaltungen, darunter von Vorträgen, Konzerten, Tanzabenden, Sportwettkämpfen, Wettrennen usw., diese Steuer zu entrichten. Für jede Art von Veranstaltung legte das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR einen eigenen Prozentsatz von 5 bis 55 % des Bruttoerlöses aus dem Verkauf der Eintrittskarten fest. Bei Nichtzahlung wurden die Veranstalter mit einer Geldstrafe von 100 Rubel belegt. Vorträge zur marxistisch-leninistischen Erziehung, Laiengruppen sowie Veranstaltungen für Militärangehörige, für Kinder unter 16 Jahren (außer den Kinovorstellungen) und für Behinderte waren von der Steuer befreit.
Für 100 Rubel konnte man im Jahr 1948 nur zwei Flaschen Wodka kaufen, aber bereits 1956 konnte man sich dafür 3 kg roten Kaviar oder vier Flaschen Wodka leisten und 1965 einen Gutschein für ein Erholungslager an der Schwarzmeerküste kaufen.
Die Steuer wurde erst 1975 abgeschafft, mit Ausnahme der Kinos – diese führten auch weiterhin 55 % der Bruttoeinnahmen aus dem Kartenverkauf als Steuer ab.
Seit Oktober 1941 war es für sowjetische Bürger vorteilhafter, Militärdienst zu leisten bzw. einen Militärangehörigen zu heiraten, eine Mittel- oder Oberschulausbildung zu erhalten, Rentner zu sein oder offiziell als kinderlos anerkannt zu sein – alle andere, verheiratet oder ledig ohne Kinder, mussten eine Steuer für die Kinderlosigkeit zahlen, forderte der Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR.
Die Steuer wurde vom Arbeitgeber direkt vom Lohn des Mitarbeiters abgezogen. Für Löhne unter 150 Rubel pro Monat betrug die Steuer fünf Rubel, sonst 5 % des Gehalts. Kolchosbauern und Besitzer eigener Höfe zahlten eine Steuer von 100 Rubel pro Jahr.
Im Jahr 1944 wurde die Steuer auf 6 % des Lohns angehoben, die von Männern zwischen 20 und 50 Jahren und von Frauen zwischen 20 und 45 Jahren zu zahlen war. Aber selbst wenn man Kinder hatte, wurde man die Steuer nicht los – bei einem Kind mussten die Sowjetbürger 1 % des Monatseinkommens, bei zwei 0,5 % zahlen.
Nach dem Großen Vaterländischen Krieg gab es in den Dörfern fast keine Kinder mehr, so dass auch die Steuer für Kolchosbauern stieg: bis zu 150 Rubel pro Jahr bei Kinderlosigkeit, 50 Rubel bei einem und 25 Rubel bei zwei Kindern. 1952 wurde die Steuer für Kolchosbauern und arme Familien abgeschafft. Sie wurde auch nicht für jene erhoben, die aus gesundheitlichen Gründen keine Kinder bekommen konnten, und für die, deren Kinder im Großen Vaterländischen Krieg gefallen, als tot oder vermisst geführt wurden.
Wurde ein Kind in einer Familie geboren oder adoptiert, entfiel die Steuerpflicht, galt aber wieder, wenn das Kind verstarb. Waren die Eltern nicht standesamtlich getraut, war nur die Mutter von der Zahlung befreit.
Von 1975 bis 1985 konnte man in der UdSSR für 5 Rubel 25 Laibe Weißbrot oder 50 kg Kartoffeln kaufen oder mindestens fünfmal in der Kantine essen – mit Vorsuppe, Hauptgericht, Salat, Getränk und einem Brötchen.
Die Steuer für alle anderen Bürger wurde erst 1992 nach dem Zusammenbruch der UdSSR abgeschafft.
Während der Zeit, in der die Steuer in Kraft war, wuchs die Bevölkerung Russlands von 97 Millionen im Jahr 1946 auf 148 Millionen im Jahr 1992. Das aus den Steuern eingenommene Geld floss in den Haushalt der Union und der Republik und wurde für die Unterstützung von kinderreichen Müttern und den Bau von Waisenhäusern ausgegeben.
Russische NGOs und Vertreter der Russisch-orthodoxen Kirche schlagen immer noch vor, zur Besteuerung der Kinderlosigkeit zurückzukehren, aber die russische Regierung unterstützt solche Ideen nicht; ihrer Meinung nach fördere eine solche Maßnahme nicht das demographische Wachstum.
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