Arkadi Kamanin: Der jüngste sowjetische Pilot des Zweiten Weltkrieges

Boris Gushchin / RGDB
Mit 16 Jahren war Arkadi Kamanin bereits ein erfahrener und hoch dekorierter Kampfpilot. Die große Karriere in der Luftfahrt blieb ihm dennoch verwehrt.

Zehntausende von Kindern nahmen an dem brutalsten und blutigsten Konflikt in der Geschichte der Menschheit teil - dem Zweiten Weltkrieg. Natürlich wurden die Minderjährigen nicht einberufen. Sie arbeiteten hauptsächlich in Fabriken an der Heimatfront, um Munition herzustellen. Es gab jedoch einige, die unter allen Umständen gegen den Feind kämpfen wollten, dass sie von zu Hause wegliefen und es bis an die Front schafften.

Der Traum vom Fliegen 

Arkadi war der Sohn des berühmten Militärpiloten Nikolai Kamanin, der zu einem der ersten Helden der Sowjetunion wurde, weil er 1934 die Besatzung des im arktischen Eis versunkenen Dampfers Tscheljuskin rettete. Es ist also nicht verwunderlich, dass der Junge von Kindheit an von der Luftfahrt besessen war.

Als Familie eines Soldaten zogen die Kamanins oft von Garnison zu Garnison in verschiedenen Teilen des Landes um. Und überall war der erste Ort, den Arkadi aufsuchte, der Flugplatz, auf dem er seine gesamte Freizeit verbrachte - manchmal auch zu jener Tageszeit, die er eigentlich in der Schule verbringen sollte. „Damals in Zentralasien, im ersten Kriegsjahr, verbrachte er tagelang in den Hangars. Es schien mir die natürlichste Sache der Welt zu sein: Welcher Teenager würde beim Anblick echter Flugzeuge gleichgültig vorbeigehen?“ schrieb Nikolai Kamanin in seinen Memoiren „Piloten und Kosmonauten“.

Im Alter von 13 Jahren kannte sich der Junge so gut mit der Mechanik von Flugzeugen aus, dass er in der Flugzeugwerkstatt arbeiten durfte. „Zusammen mit den anderen reparierte er Löcher, reinigte Teile, reparierte Schäden und tauschte Einheiten aus. Er arbeitete bei heißem und kaltem Wetter, bei Regen und Schneematsch, erinnerte sich sein Vater voller Stolz. 

1942 wurde Nikolai Kamanin, inzwischen Kommandeur der Luftstreitkräfte des Zentralasiatischen Militärbezirks, von Taschkent an die sowjetisch-deutsche Front versetzt. Anfang 1943 bestand die Familie darauf, dass er sie mitnahm.

Arkadi mit seinem Vater Nikolai.

Am neuen Ort trat der mittlerweile 14-jährige Arkadi in die Rote Armee ein und wurde Mechaniker bei der Hauptkommunikationsstaffel für Spezialausrüstung. Doch das war ihm nicht genug, denn er träumte davon, Pilot zu werden.

Als die Piloten seine Begeisterung bemerkten, bildeten sie ihn aus. Zuerst ließen sie ihn ein Flugzeug auf dem Boden rollen, dann in der Horizontalen fliegen und einfache Manöver vollführen. Der Teenager erwies sich als äußerst kompetent. Schon bald konnte er starten und landen und komplexe Kunstflugmanöver ausführen.

Schließlich stellte sich die Frage, ob man Arkadi erlauben sollte, selbständig zu fliegen. Natürlich war er noch zu jung für ein schnelles Jagd- oder Angriffsflugzeug. Aber der langsame Mehrzweck-Doppeldecker U-2 (Po-2), den die Luftwaffe der Roten Armee als Kommunikations- und Aufklärungsflugzeug sowie als Nachtbomber einsetzte, war für ihn perfekt geeignet.

Der Prüfer, der den jungen Piloten bewertete, war sein Vater selbst, Generalmajor der Luftfahrt Kamanin Sen. Seine Kollegen nannten ihn Kamenny (zu dt.: aus Stein), so anspruchsvoll und streng war er. Nach einer gründlichen Prüfung erlaubte er seinem Sohn das Fliegen. Im Juli 1943 wurde der 14-jährige Arkadi zum Piloten des 423. Kommunikationsgeschwaders ernannt. 

Arkadi mit seinem Vater Nikolai.

Kunststücke am Himmel und auf dem Boden

Zunächst flog Arkadi im Auftrag des Hauptquartiers der Luftwaffenarmee und des Hauptquartiers an der Front. Als es ihm einmal gelang, einer ihn folgenden Messerschmitt geschickt zu entkommen, durfte er zu Kommandoposten an der Front und zu Partisanenabteilungen hinter den feindlichen Linien fliegen.

Bei einem seiner Einsätze entdeckte Kamanin Jr. ein abgeschossenes Il-2-Kampfflugzeug im Niemandsland. Nachdem er neben dem Flugzeug gelandet war, gelang es dem schmächtigen Teenager, den verwundeten Piloten mitsamt seiner Fotoausrüstung und dem gefilmten geheimen Material in seinen Po-2 zu zerren und ins Krankenhaus zu bringen. Für diese Aktion  wurde er mit einem Orden des Roten Sterns ausgezeichnet.

1944 stellte Kamanin erneut seine Fähigkeiten bei der Verteidigung des Hauptquartiers der Front gegen einen Angriff nationalistischer Einheiten der Ukrainischen Aufständischen Armee unter Beweis. Nachdem es ihm gelungen war, sich unter Beschuss zu befreien, begann er, den Feind mit Handgranaten zu bewerfen. Sein Mut wurde mit einem zweiten Orden des Roten Sterns gewürdigt.

Am Ende des Krieges war der 16-jährige Arkadi Kamanin bereits ein erfahrener Pilot mit 650 Einsätzen. Neben zwei Orden des Roten Sterns erhielt er einen Orden des Roten Banners sowie die Medaillen „Für die Einnahme von Budapest“, „Für die Einnahme von Wien“ und „Für den Sieg über Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945“.

„Arkadi flog oft mit jugendlichem Leichtsinn und Enthusiasmus, schrieb Kamanin Sen. über seinen Sohn. „Er diente ehrlich, hielt sich strikt an die Disziplin und träumte natürlich davon, einmal Pilot eines echten Il-2-Kampfflugzeugs zu werden.  

Leider sollten sich die Träume und Hoffnungen des jüngsten sowjetischen Piloten nicht erfüllen. Nachdem er den Zweiten Weltkrieg überlebt hatte, starb Arkadi Kamanin 1947 im Alter von nur 18 Jahren an einer Hirnhautentzündung.

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