Welcome Expats! Russland sucht Fachkräfte

Es gibt zwei Gruppen ausländischer Arbeitnehmer in Russland: Die Einen sind unfreiwillig hierher versetzt worden, die Anderen haben es ganz bewusst als Arbeitsort gewählt. Foto: PhotoXPress

Es gibt zwei Gruppen ausländischer Arbeitnehmer in Russland: Die Einen sind unfreiwillig hierher versetzt worden, die Anderen haben es ganz bewusst als Arbeitsort gewählt. Foto: PhotoXPress

In Russland steigt die Zahl ausländischer Arbeitnehmer. Experten sind überzeugt, dass die russische Wirtschaft auch in Zukunft mehr hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland braucht. Die Aussichten dafür sind gut, denn Russland gilt bei vielen als attraktiver Arbeitsmarkt.

Im Jahr 2010 wurden in Russland nur 3 100 Arbeitsgenehmigungen für ausländische Arbeitnehmer erteilt. Im selben Jahr gab es eine Reform des „Gesetzes zum rechtlichen Status ausländischer Bürger in der Russischen Föderation“ mit vereinfachten Bestimmungen für die Erteilung von Visa, Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen. Daraufhin stieg die Anzahl der ausländischen Arbeitnehmer im Jahr 2011 auf 10 800 und im Jahr 2012 noch einmal auf 11 800, wie der Pressedienst des Föderalen Migrationsdienstes mitteilt. Im Jahr 2013 gab es einen weiteren sprunghaften Anstieg: 26 300 Ausländer erhielten eine Arbeitsgenehmigung in Russland.

Ovsey Schkaratan, Soziologieprofessor von Higher School of

Economics (HSE), ist überzeugt, dass Russland noch mehr hochqualifizierte Spezialisten aus dem Ausland brauche, um international mithalten zu können. „In den 1960er-Jahren konnten wir auf eigene Ressourcen zurückgreifen“, sagt Schkaratan. Zwischenzeitlich seien aber viele russische Fachkräfte ins Ausland abgewandert, die nun in hochspezialisierten Arbeitsbereichen fehlten. „Wir müssen abwarten, bis aus unseren heutigen Studenten eine neue Generation von Fachkräften herangewachsen ist“, so Schkaratan. Bis dahin könnten allerdings noch zehn bis 20 Jahre vergehen.

„Ausländische Fachkräfte hätten Russland nie geschadet, weder in der Wirtschaft noch in der Politik“, betont der Soziologe. Bis zur Revolution von 1917 besetzten Ausländer sogar Gouverneursposten und hohe Staatsämter. Wladimir Karatscharowski, Dozent an der Wirtschaftsfakultät der HSE, pflichtet ihm bei. In einem Interview mit der Zeitschrift „Ogonjok“ betont er: „Viele ausländische Fachkräfte haben ein echtes Interesse daran, einen Beitrag zum Fortschritt Russlands zu leisten. Sie können uns Impulse für unsere eigene Entwicklung geben.“

 

Skepsis auf beiden Seiten

Die meisten Ausländer, die in Russland arbeiten, fühlen sich sehr wohl. Eine Mitarbeiterin einer großen ausländischen Bank kann das gegenüber RBTH nur bestätigen. „Heimweh gibt es selten“, sagt sie. Die Ukraine-Krise und die daraus entstandenen Spannungen zwischen Russland und dem Westen hätten keine Auswirkungen auf das Arbeitsklima.

Russische Wissenschaftler haben zwei große Gruppen ausländischer Arbeitnehmer identifiziert, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die

einen kämen nur, um mehr Geld zu verdienen, oder seien unfreiwillig nach Russland versetzt worden. Diese behielten ihre Skepsis und Vorurteile gegenüber Russland meist bei. Bei ihnen gelten die Russen als von Natur aus aggressiv und korrupt. Ein tiefergehendes Interesse an Land und Leuten entwickeln sie den Forschern nach nicht. Demgegenüber steht die Gruppe der Enthusiasten, die Russland ganz bewusst als Arbeitsort gewählt haben und sich aktiv in die russische Gesellschaft einbringen wollen. Diese könnten sich auch vorstellen, in Russland wohnen zu bleiben.

„Dieser zweiten Gruppe steht nun wiederum der russische Staat skeptisch gegenüber“, sagt Elena Danilowa, Abteilungsleiterin für theoretische Analyse von sozialen Transformationen des Soziologischen Instituts an der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Unsere Migrationspolitik ist sehr restriktiv“, erklärt sie. Ein bestehender Arbeitsvertrag mit einem inländischen Unternehmen sei die Voraussetzung für die Erteilung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung. Möglicherweise werden diese restriktiven Bestimmungen in der Zukunft für hochqualifizierte und nachgefragte Fachkräfte weiter vereinfacht. Die Gesetzesreform von 2010 sei ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung gewesen, meint Danilowa.

 

Verteilung der hochqualifizierten Spezialisten im Jahr 2013*:

 

- Bauwesen: 35,7 Prozent
- Groß- und Einzelhandel: 19,3 Prozent
- Immobiliengeschäfte: 17,4 Prozent
- Verarbeitende Industrie: 11,7 Prozent
- Nachrichten und Verkehr: 4,9 Prozent
- Dienstleistungen: 3,2 Prozent
- Förderung von Bodenschätzen: 2,8 Prozent
- Sonstige: 5,0 Prozent 

*ausgehend von der Gesamtzahl der ausgestellten Arbeitsgenehmigungen.

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