„Boris Nikolajewitsch Jelzin ging gemeinsam mit dem neuen Russland den Weg schwerster, doch unverzichtbarer Transformationen. Er stand dem Prozess grundlegender Veränderungen vor, die Russland aus der Sackgasse geführt haben. (…) Russland wurde zu einem zivilisierten weltoffenen Staat und die Rolle des ersten Präsidenten bei der Herausbildung dieses Staates ist immens. Die Worte, die er bei der Übergabe der präsidialen Vollmachten gesagt hat – ‚Passen Sie gut auf Russland auf‘ – sind von großem moralischen Sinn und der Ausdruck seiner persönlichen Beziehung zum Land.“
Wladimir Putin, Russlands Präsident, Boris Jelzins Nachfolger, auf der Gala zur Erinnerung an den 80. Geburtstag des ersten Präsidenten der Russischen Föderation, 2011.
„Er war zweifelsohne ein Mensch von starkem Willen. Er hatte keine Angst, schwierige Entscheidungen zu treffen und dabei seine Beliebtheitswerte, seine Popularität und sein Ansehen für das Wohl des Landes zu opfern. Vielfach stellte er das unter Beweis – nicht nur ein- oder zweimal. Andererseits war er – und das ist sehr wichtig – bei all seiner bedingungslosen Machtobsession ein aufrichtiger, zutiefst überzeugter Demokrat. Er konnte sich nicht erlauben, etwa ein ihn kritisierendes Massenmedium zu schließen oder auf die Wahlen im Jahr 1996 zu verzichten, obwohl eine Reihe seiner Mitstreiter diese Lösung vorschlugen – bis hin zur Einführung eines Ausnahmezustands. Trotz seiner sehr niedrigen Popularitätswerte hat er die Wahlen nicht verschoben. Er ging sie fair an und gewann.“
Andrej Netschaew, russischer Wirtschaftsminister von 1992 bis 1993, exklusiv für RBTH.
„Jelzins Kernparadox bestand darin, dass er sich Gorbatschow persönlich zwar entgegenstellte, seine politische Sache jedoch fortsetzte. Er bekämpfte die Omnipotenz der Geheimdienste, erschuf die heutige Verfassung und das Zweikammer-Parlament, verfolgte nicht die Presse und förderte die Mehrparteilichkeit. Man kann sich das Chruschtschow-Denkmal von Ernst Neizwestnyj ins Gedächtnis rufen – die aus den gleich großen dunklen und hellen Marmor-Felsen. Jelzin enthielt weitaus mehr Helles.“
Boris Nemzow, Vize-Ministerpräsident der Russischen Föderation 1998, in einem Interview mit der Zeitung „Wedomosti“ im Jahr 2007.
„Boris Nikolajewitsch Jelzin gehört zu den historischen Gestalten, deren Einschätzung sich mit der Zeit wandelt. Weil späteres Geschehen ihre Handlungsschritte in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt und die Konsequenzen beleuchtet, die zu ihren Lebzeiten noch verborgen waren. Inzwischen können wir mindestens zwei Facetten des historischen Porträts dieses herausragenden Menschen nennen. Die erste: Er war ein Zeitgenosse, mit dem ich in vielerlei Hinsicht nicht einverstanden war. Ich setzte mich offen gegen seine Politik ein, weil ich mir ihrer Konsequenzen, deren Unvermeidbarkeit und Vernichtungskraft immer deutlicher zu Tage trat, im Klaren war. Die andere: Er war eine schillernde Persönlichkeit – zu starken, nicht trivialen Gesten imstande, mit einer inneren Kraft, die ihm selbst häufig einiges abverlangte. Jelzin passte zu seiner Zeit, wurde zum Zeitzeugnis. Er erfüllte seine Pflicht, wie er sie verstand. Als er das Amt des Präsidenten verließ, fand er die Kraft, unsere Mitbürger um Vergebung zu bitten, was – soviel ich weiß – in unserer Geschichte einmalig ist. Diese Geste sagt viel über den Charakter Boris Jelzins aus. Nun weilt er seit vielen Jahren nicht mehr unter uns, sein Dialog mit Russland ist aber dennoch nicht abgeschlossen.“
Grigorij Jawlinskij, Vize-Premier der Russischen Sozialistischen Republik 1991, Vorsitzender der Sozialliberalen Partei „Jabloko“ 1995-2008, exklusiv für RBTH.
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