Explosionen in Sankt Petersburger Metro: Was ist passiert?

Sergei Konkov/TASS
In der Sankt Petersburger Metro riss eine Explosion am Montagnachmittag neun Menschen in den Tod. Mittlerweile gehen die Behörden von einem Terroranschlag aus, die Hintergründe sind aber noch völlig offen. Als die Bomben detonierten, weilte gerade Russlands Präsident Wladimir Putin in Sankt Petersburg.

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Reuters
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Am Montag ereignete sich gegen 14.40 Uhr Moskauer Zeit in der Sankt Petersburger U-Bahn eine Explosion. Zwischen den Stationen Sennaja-Platz und Technologisches Institut im Zentrum der Stadt sollen in einem fahrenden Zug zwei Bomben detoniert sein. Mindestens neun Menschen kamen nach Angaben des russischen Untersuchungsausschusses ums Leben, weitere 25 Personen wurden verletzt, darunter ein Kind.

„Da war ein ohrenbetäubendes Geräusch und dann ein scharfer Geruch von Rauch“, erinnert sich ein Fahrgast, der in einem anderen Waggon fuhr, im Interview mit „Bumaga“. Nach den Explosionen fuhr der Zug weiter, bis er am Sennaja-Platz ankam. Menschen kletterten aus den Fenstern des zerstörten Waggons, Mitarbeiter der Metro bargen die Verletzten.

Eine Stunde nach der Explosion wurde die U-Bahn von den Behörden der Stadt geschlossen und evakuiert. Laut Interfax kamen die Verletzten ins Krankenhaus.

Bombenanschläge in der Moskauer Metro

Für die U-Bahn in Sankt Petersburg war es der zweite Anschlag in ihrer Geschichte. Zuletzt ging in der Nacht zum 19. Dezember 1996 eine selbst gebastelte Bombe in einem Zugwaggon in die Luft. Da es schon spät war, gab es nur ein Opfer. Nicht so aber in Moskau – die Metro ist in der Vergangenheit schon häufiger Ziel von Attentaten geworden.29. März 2010Um 7.56 Uhr Moskauer Zeit ereignete sich eine Explosion in einem U-Bahn-Waggon der roten Linie in der Station Lubjanka. Um 8.37 Uhr folgte eine zweite Explosion in der Station  Park Kultury der gleichen Linie. 41 Menschen kamen damals ums Leben, 85 wurden verletzt. Die Verantwortung für den Anschlag übernahm Doku Umarow, Anführer der terroristischen und in Russland verbotenen Organisation „Caucasus Emirate“.31. August 2004Bei einem Selbstmordanschlag in der Station Rischskaja kamen neun Menschen ums Leben, 50 wurden verletzt. Zu dem Attentat bekannte sich Schamil Bassajew, islamistischer Terrorist und Rebellenführer aus Tschetschenien.6. Februar 2004Auf der Strecke zwischen den Stationen Avtozavodskaya und Paveletskaya der grünen Linie sprengte sich ein Attentäter in die Luft. 42 Menschen starben, über 250 wurden verletzt.5. Februar 2001Um 18.50 Uhr ereignete sich eine Explosion in der U-Bahn-Station Belorusskaja. Die Bombe war auf dem Bahnsteig unter einer schweren Sitzbank aus Marmor versteckt und ging neben dem ersten Zugwaggon in die Luft. 20 Menschen wurden verletzt, Tote gab es glücklicherweise keine. Bis heute fehlt von den Tätern jede Spur.

„Wir prüfen alle Möglichkeiten“

Russlands Präsident Wladimir Putin, der sich wegen einer Medienkonferenz in der Stadt aufhielt, erklärte, es sei zu früh, um über die Ursachen der Explosionen zu sprechen. „Wir prüfen natürlich alle Möglichkeiten, sei es Kriminalität oder insbesondere Terrorismus“, sagte Putin. Er betonte zudem, dass die Behörden alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen würden, um die Angehörigen der Toten und Verletzten zu unterstützen.

Nach Informationen von RBTH schätzen die Strafverfolgungsbehörden die Wahrscheinlichkeit eines Anschlags aber als sehr hoch ein. „Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anschlag, da es sehr schwierig ist, etwas Explosives wie eine Gasflasche in die Metro zu bringen“, hieß es aus dem Föderalen Sicherheitsdienst (FSB) in Sankt Petersburg. Es sei noch unklar, ob ein Sprengsatz gezündet worden sei oder ob sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt habe.

Auch das Innenministerium glaubt an einen Terrorakt. Wie man RBTH sagte, hätten sich die Terroristen eine ideale Uhrzeit für den Anschlag ausgesucht: „(Zur Zeit der Explosionen) waren viele Menschen in den Stationen, aber keine Herden“. In großen Menschenmengen würde eine Bombe weniger Schaden anrichten: „Nur wenige werden von der Explosionswelle und den Splittern getroffen. So paradox, wie es auch klingen mag, aber es würde weniger Opfer geben.“

Die Atmosphäre in der Stadt

„Es ist ein Alptraum, das ist wie Krieg“, sagte ein Augenzeuge namens Alexander Bulekow dem Radiosender Kommersant FM über die Lage im Zentrum von Sankt Petersburg. „Hubschrauber sind auch schon da.“ Im Flughafen Pulkowo wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Die öffentlichen Verkehrsmittel fuhren vorübergehend kostenlos. Medien berichteten von einem zeitweiligen Ausfall der Handynetze sowie von großen Staus im Zentrum der Stadt.

Neben Wladimir Putin sprachen auch Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew und der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko ihr Beileid aus. Mit Lukaschenko hatte Putin gerade ein Treffen, als ihm vom Anschlag berichtet wurde. Der Nachrichtenagentur Tass zufolge sagte Lukaschenko: „Wir können nicht ruhig leben, wir müssen für alles bereit sein. Die Welt bietet eine Menge Herausforderungen.“

Eine Interfax-Quelle berichtet, dass ein selbst gebastelter Sprengsatz im Waggon gezündet worden sei, der womöglich schädliche Elemente wie Metallteile beinhaltete. Die Sprengkraft der Bomben sei mit etwa 200 bis 300 Gramm Dynamit relativ niedrig gewesen. Die Generalstaatsanwaltschaft geht mittlerweile von einem Terroranschlag aus. Später teilte der Untersuchungsausschuss mit, dass an der ebenfalls zentral gelegenen Station Ploschad Wosstanja eine weitere selbst gebastelte Bombe gefunden worden sei, diese konnte aber entschärft werden.

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