Sternenglanz am Kreml

Reuters
Zur Zarenzeit zierten doppelköpfige Adler die Türme des Kremls in Moskau. Doch die Sowjetära verlangte nach neuen Staatssymbolen: Seit nun fast 80 Jahren krönen fünf leuchtende Sterne den Regierungssitz. Sie sind eines der Wahrzeichen der russischen Hauptstadt.

Die Wappentiere der Zarenzeit – die Doppeladler – auf den Kremltürmen waren den Sowjetbehörden immer schon ein Dorn im Auge. 1930 entschied der Staatliche Denkmalschutz unter der Leitung von Igor Grabar in einem Gutachten, dass die Doppeladler keinen historischen Wert mehr hätten. Die neue Epoche in der russischen Geschichte sollte durch ein neues Symbol repräsentiert werden: den Sowjetstern.    

Das Design der Sterne entwarf der berühmte Maler Jewgenij Lansere. Doch sein erster Entwurf gefiel Stalin nicht, Lansere musste gehen. Die abgesegnete Version übertraf nach ihrer Umsetzung alle Erwartungen: Die künstlichen Sterne strahlten wie echte Himmelskörper. Dafür sorgte ein Gerüst aus rostfreiem Stahl, das mit rotem Kupfer verkleidet und mit Gold bedeckt war. Lupenreine Edelsteine wie Topase, Amethyste und Aquamarine schmückten die bronzenen Hammer und Sichel in der Mitte. Einem Diamanten gleich waren die 7 000 Steine in 74 Facetten geschliffen und eingefasst.

Der Kreml im neuen Gewand

Kein Stern gleicht dem anderen. Der schlichteste von allen ziert den Nikolskaja-Turm. Der Stern des Troizkaja-Turms ist mit Ähren geschmückt. Die Montage der Sterne war eine echte Herausforderung. Die Türme wiesen Anzeichen von Materialermüdung auf und drohten, unter dem enormen Gewicht der Sterne zusammenzubrechen. Also mussten zunächst die obersten Ebenen verstärkt und die Kuppel des Nikolskaja-Turms erneuert werden.

Die ausgedienten Doppeladler wurden im Herbst 1935 neben den neuen Sowjetsternen im Gorki-Park ausgestellt. So konnte jeder Sowjetbürger die Symbole der alten und neuen Epoche noch einmal bestaunen, bevor die Adler eingeschmolzen wurden. Der Kreml und der Rote Platz hatten ein neues Gesicht. 

Doch mit der Zeit verloren die Sterne auf den Türmen Spasskaja, Borowizkaja, Nikolskaja und Troizkaja an Glanz. Niederschläge schwärzten die Edelsteine. Nicht einmal die Beleuchtung im Inneren ließ sie noch strahlen.

Sterne im Tarnanzug

1937, zum 20. Jahrestag der Oktoberrevolution, wurden die Sterne installiert. Statt der anfänglich geplanten vier wurden es fünf: Ein weiterer Stern auf dem Wodowzwodnaja-Turm kam hinzu. Gestaltet hat die Sterne der künstlerische Leiter des Bolschoj-Theaters Fedor Fedorowskij. Er verkleinerte sie, die ersten Entwürfe waren überdimensioniert. Der kleinste Stern, mit einem Durchmesser von drei Metern, wurde auf dem Wodowzwodnaja-Turm, die größeren mit einem Durchmesser von 3,75 Meter auf den Türmen Spasskaja und Nikolskaja installiert. Vom Boden aus betrachtet, scheinen die Sterne gleich groß zu sein.

Fedorowskijs Idee war es auch, den Sternen ihre charakteristische rubinrote Farbe zu verleihen. Das eigens dafür entwickelte, gegenüber Wind und Wetter resistente, nur für rote Lichtstrahlen durchlässige Glas stellte der Glasermeister Nikanor Kurotschkin her. Auf natürliches Licht allein wollten die Designer sich aber nicht verlassen. Für die kräftige Farbe der Sterne sorgen so auch leistungsstarke Lampen in ihrem Inneren. Damit das Licht gleichmäßig verteilt wird, wurden die Sterne doppelt verglast. Die innere Schicht bestand aus Milchglas, die äußere war rubinrot. Auf speziellen Kugellagern konnten die Sterne sich um ihre eigene Achse drehen.

In den Kriegsjahren wurden sie ebenso wie der restliche Kreml getarnt. 1945 begann nach der Entfernung der Tarnung sogleich die Restauration der Sterne. Dabei wurde auch ihre Verglasung ausgetauscht. Seitdem sind die Sterne dreischichtig. Seit 1946 strahlen sie auch wieder – nur einmal blieben sie dunkel: während der Dreharbeiten zu Nikita Michalkows Film „Der Barbier von Sibirien“ Ende der neunziger Jahre.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kultura Moskwy

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