Stalins Mörder: Wie die Sowjetunion Regimegegner im Ausland beseitigte

Trotsky is out of favour. 1928

Trotsky is out of favour. 1928

Mary Evans Picture Library/Global Look Press
Der sowjetische Sicherheitsapparat schreckte zwischen 1930 und 1960 auch vor Mord nicht zurück, wenn es um die Beseitigung unliebsamer Politiker im Ausland ging. Zum Beispiel diese drei - durchaus umstrittenen - Figuren, unter ihnen ein General der Weißen Armee und ein ukrainischer Nationalist, die von sowjetischen Agenten im Ausland ermordet wurden.

"Gegenüber Spionen und Verrätern des Vaterlandes wird es keine Gnade geben.”

So lautete der Titel eines Artikels in der staatlichen Zeitung „Bolschewiki“ im Jahr 1937. Die Phrase hätte auch das Motto des sowjetischen Geheimdienstes sein können, wenn „Verräter“ all jene Menschen gemeint hätte, deren Handlungen der Kommunistischen Partei und ihrer allmächtigen Anführer in irgendeiner Form schadeten.

Sowjetischen Spionen war kein Aufwand zu mühsam und keine Operation zu teuer, um „Gegner des Staates“ auch fernab der Heimat auszuschalten. Diese Methode des Kampfes gegen politische Gegner war insbesondere unter Stalin beliebt, wurde aber auch noch nach dessen Tod fortgesetzt. RBTH erzählt von den dreistesten Taten sowjetischer Auftragsmörder.

Alexander Kutepow – Anführer der Weißen Bewegung in Europa

Der russische Offizier Alexander Kutepow (1882-1930) hatte sein Leben dem Dienst der Monarchie verschrieben. Beim Ausbruch der Oktoberrevolution 1917 stellte sich ihm also nicht die Frage, welche Seite er unterstützen sollte. Oberst Kutepow, der später zum General ernannt werden sollte, wurde schnell zu einem führenden Kommandanten der Weißen Armee, die alle anti-bolschewistischen Kräfte im Bürgerkrieg von 1917 bis 1922 vereinte. Aber auch sein Talent konnte die Niederlage der Weißen Armee nicht verhindern. 1920 floh er nach Europa.

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Kutepows Feldzug gegen den Kommunismus ging jedoch weiter: 1929 wurde er Vorsitzender der Russischen All-Militärischen Union (ROVS), einer Organisation emigrierter Mitglieder der Weißen Bewegung, die aus der Ferne gegen die Bolschewiki kämpften. Als Kopf der ROVS koordinierte Kutepow Anschläge in der UdSSR, wie die Explosion im Zentralen Klub der Kommunistischen Partei in Leningrad. Es überrascht kaum, dass sich Agenten der Vereinigten staatlichen politischen Verwaltung OGPU dazu entschlossen, zurückzuschlagen.

Die Umstände des Todes Kutepows sind bis heute nicht abschließend geklärt – und die dazu existierenden Unterlagen bleiben unter Verschluss. Lebend wurde er aber zuletzt am 26. Januar 1930 in Paris gesehen. Laut den Aufzeichnungen des ehemaligen sowjetischen Spions Pawel Sudoplatow verkleideten sich zwei Agenten als französische Polizisten und führten Kutepow, den sie auf der Straße angehalten hatten, zu einem Auto. Als dieser russische Stimmen vernahm, habe er sich gewehrt und dabei einen Herzinfarkt erlitten. Eine andere Version behauptet, dass der General entführt werden sollte und versehentlich an einer Überdosis Morphin gestorben sei.

 

Leo Trotski – der gefallene Bolschewik

Während des Bürgerkriegs galt Leo Trotski (1879-1940), der die Rote Armee gegründet hatte, als zweiter Mann in der Partei. Trotskis Beliebtheit und Einfluss schienen unumstößlich, doch die Geschichte sollte dies widerlegen.  

Nach Lenins Tod 1924 drängte Stalin die Unterstützer Trotskis allmählich aus der Regierung und konzentrierte alle Macht in eigener Hand. 1927 wurde Trotski schließlich aus der Partei ausgeschlossen und kurz darauf ins Exil verbannt. Da ihm ein europäisches Land nach dem andern auf Druck Stalins die Einreise verwehrte, verschlug es Trotski letztlich nach Mexiko.

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Stalin erkannte jedoch bald, dass es ein Fehler gewesen war, seinen Erzfeind aus dem Land fliehen zu lassen. Auch im Exil veröffentlichte Trotski weiterhin Bücher und Schriften, die das Regime Stalins als eine Perversion der Ideale des Marxismus und der Revolution verunglimpften. Zudem arbeitete Trotski daran, eine weltweite Bewegung antistalinistischer Sozialisten aufzubauen. Deshalb entschied sich Stalin dazu, seinen Widersacher zu beseitigen.

Pawel Sudoplatow, damals stellvertretender Direktor der Auslandsabteilung des Innenministeriums, plante die Ermordung. Der spanische Stalinist Ramón Mercader hatte sich als Bewunderer Trotskis in dessen inneren Zirkel eingeschleust und besuchte sein Haus in Coyoacán regelmäßig. Am 20. August 1940 befanden sich die beiden Männer alleine in einem Zimmer – und Mercader schritt zur Tat. Als sich Trotski über ein vom Mörder mitgebrachtes Dokument beugte, hieb dieser mit einem Eispickel auf ihn ein und verletzte ihn tödlich.

Obwohl der Pickel sieben Zentimeter tief in Trotskis Schädel eingedrungen war, lebte dieser noch beinahe einen ganzen Tag lang. Die Wachen überwältigten Mercader und er wurde letztlich zu 20 Jahren Haft verurteilt: Bis 1960 saß er in einem mexikanischen Gefängnis. Nach seiner Entlassung zog er in die Sowjetunion, wo ihm die Medaille „Held der Sowjetunion“ verliehen wurde. Letztlich starb er an einer Tumorerkrankung und wurde in Moskau beigesetzt.

Stepan Bandera – Symbol des ukrainischen Nationalismus

Bis heute ist Stepan Bandera (1909-1959) eine der umstrittensten Persönlichkeiten im post-sowjetischen Raum. Viele Ukrainer sehen in ihm einen Freiheitskämpfer, der in den 1920er- und 1930er-Jahren antipolnische und antisowjetische Bewegungen führte. Viele andere in der Ukraine und Russland, insbesondere jene, die Anhänger der Sowjetunion waren, verteufeln ihn für seine Kollaboration mit den Nazis im Zweiten Weltkrieg und die Massaker an unschuldigen Zivilisten. Eins aber ist sicher: Er war ein unerbittlicher Gegner der UdSSR.

In den frühen 1950er-Jahren ließ sich Bandera, einst selbst Gefangener im Konzentrationslager Sachsenhausen, in München nieder. Dort arbeitete er mit westlichen Geheimdiensten zusammen und hoffte darauf, so den Kommunismus zerstören und die Ukraine befreien zu können. Da auf ihn bereits mehrere Anschläge verübt worden waren, baten seine Anhänger ihn, die Stadt für eine Weile zu verlassen. Bandera stimmte zu, doch vor seiner Abreise kam es zu einem letzten Attentat auf sein Leben, das erfolgreich sein sollte.

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Am 15. Oktober 1959 lauerte der KGB-Agent Bohdan Staschinki Bandera im Eingang zu seinem Wohnhaus auf. In seiner Hand hielt er eine mit Zyanid gefüllte Spritze, die er in einer gefalteten Zeitung verbarg. „Was machst du hier?”, fragte Bandera den Mann, der ihn direkt durch die Zeitung hindurch injizierte.

Ironischerweise setzte sich Staschinski selbst zwei Jahre später mit seiner Frau nach Westdeutschland ab und bat dort um Asyl. Er gestand den Mord an Bandera und verbrachte vier Jahre im Gefängnis.  

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