Aber äußern Sie sich nicht laut, nach dem Motto: „Moskau hat nicht unendlich Platz“. Denn dieser „Snobismus“ ist nicht typisch für die eingefleischten Moskowiter sondern eher für diejenigen, die in jüngster Zeit zugezogen sind.
Selbst wenn der echte Moskowiter diese Meinung teilt, so zieht er lediglich die Augenbrauen hoch, wenn er auf die unkultivierten Provinzler angesprochen wird, die die geliebte Stadt überfluten.
Wenn man sich das Verhältnis von Burger-Restaurants und Pizzerien betrachtet, ist klar, was populärer ist. Die Burger übertreffen die Pizza. Es gibt die klassische Fast-Food-Variante ebenso wie Delikatess-Burger mit marmoriertem Rindfleisch auf Pastetchen. Nur Sushi und Wraps, die in Russland auch mit Salat Olivier gefüllt werden, sind noch beliebter.
Ein teures Auto oder das neueste Smartphone-Modell zu besitzen, sagt noch nichts über die finanzielle Situation eines Menschen aus, man kann ebenso arm wie reich sein. Nicht selten steckt der Besitzer eines solchen Statussymbols bis über beide Ohren in Schulden.
Die lila Linie der Moskauer U-Bahn ist die am stärksten frequentierte. Wenn Sie an einer der letzten Stationen zusteigen, werden Sie sich wie in einer Sardinenbüchse fühlen. Um überhaupt in den Zug einsteigen zu können, müssen Sie Ihre Ellbogen einsetzen.
Die hellgrüne Linie ist dagegen sehr ruhig. Es ist ein echtes Vergnügen, damit zu fahren.
Von Zeit zu Zeit spekulieren Moskowiter gerne darüber, wie schön es wäre in Russlands Kulturhauptstadt Sankt Petersburg zu wohnen. Das sagen aber nur diejenigen, die im Winter noch nicht mehr als eine Woche im nüchternen Zustand in einer der Schlafstädte rund um Sankt Petersburg verbracht haben. Wer diese Erfahrung dagegen schon gemacht hat, käme nie auf die Idee, jemals freiwillig dorthin zu ziehen.
Selbst die kleinste Episode im Leben eines Moskowiters kann zu einem umfangreichen Post auf Facebook werden, der eine hitzige Diskussion nach sich zieht, etwa über die Kälte, zu heiße Heizkörper, den Zustand der Bürgersteige oder die allgemeine Böswilligkeit mancher Zeitgenossen. Auf Facebook herrscht sehr häufig Krieg und die Medien nutzen solche Beiträge, um daraus eine Story zu machen.
Ob Sie eine Stelle suchen, eine Wohnung mieten oder die beste Schule für Ihr Kind finden wollen: Beziehungen sind in Moskau von enormer Wichtigkeit. Ohne „Vitamin B“ geht es zwar auch, aber es ist viel schwieriger.
Moskowiter machen das nicht. Wenn Sie jemanden mit einem undurchdringlichen Gesichtsausdruck sehen, der äußerst zielstrebig über den Roten Platz eilt, handelt es sich um einen Hauptstadtbewohner, der wie immer lediglich eine Abkürzung nutzt. Wenn Sie dort jemals auf einen Moskowiter treffen, dann nur, weil er gerade Verwandtschaft aus der Provinz durch die Stadt führt.
Der Besuch im Lenin-Mausoleum, um sich einen Leichnam anzusehen, gilt unter den Einheimischen als sehr bizarrer und geradezu verdächtiger Zeitvertreib.
Manchmal erscheint Moskau wie die Hauptstadt des Zynismus. „Moskau glaubt den Tränen nicht“, das ist eine allgemeine, lang bekannte Weisheit. Wenn etwas daneben geht, erwarten Sie kein Mitleid. Suchen Sie auch nicht nach Ausreden, sondern stehen Sie zu ihren Missetaten. In Moskau interessiert sich sowieso niemand für Ihre Sorgen. Hören Sie auf zu heulen oder andere für Ihr Elend verantwortlich zu machen, wenn Sie nicht eine solche Aussage hören wollen: „Was kümmert mich das. Ich habe genug mit meinen eigenen Problemen zu tun.“
Es wird viele Gründe für den tagtäglichen Verkehrskollaps in Moskau geben. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass DIESER einer der wichtigsten ist: Viele Moskowiter fahren mit dem Auto, selbst wenn das viel länger dauert als die Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln. Zwei Stunden Autofahrt oder zwanzig Minuten U-Bahn? Der Moskowiter entscheidet sich garantiert für die lange Fahrt alleine im eigenen Auto bei seiner Lieblingsmusik.
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