Wie Boeing und Airbus auf russische Expertise zurückgreifen

The long-range passenger plane, Airbus A350 XWB, that has landed at the Sheremetyevo airport while being on its around the world testing tour.

The long-range passenger plane, Airbus A350 XWB, that has landed at the Sheremetyevo airport while being on its around the world testing tour.

Vladimir Pesnya/RIA Novosti
Die beiden größten Flugzeugbauer der Welt, Boeing und Airbus, betreiben Design-Zentren in Russland. In diesen arbeiten russische Ingenieure an der Weiterentwicklung der größten Passagiermaschinen der Welt, inklusive dem Boeing Dreamliner und dem Airbus A350 XWB.

Anfang August zeichnete eine neue Boeing 787-10 aus Rauch einen riesigen Umriss des Flugzeuges in den amerikanischen Himmel. So sollte der neue Rolls-Roye-Trent-100-Motor der Maschine auf Herz und Nieren getestet werden.

Da Boeing ein amerikanisches Unternehmen ist, wissen nur wenige, dass viele Teile des Flugzeugs von russischen Ingenieuren in Moskau entwickelt wurden.

Nehmen wir das Modell 787, das oben bereits erwähnt wird: Der Bereich der Nase, Komponenten der Innenausstattung, Software für die Bordsysteme, die Außenlaststationen, das Verbundsystem des Flügels mit dem Rumpf sowie die Mechanik der Flügelsteuerung wurden von der Boeing-Tochter in Russland entworfen. Das Boeing Design Center (BDC) beschäftigt 1 200 Raumfahrtingenieure.

Die 787 ist dabei nicht das einzige Flugzeug, das dort entwickelt wurde. Das größte Zentrum für computergestützte Flugkörper-Designs außerhalb der USA arbeitete an Hunderten Boeing-Projekten. Dazu zählen:

  • 767-200SF

  • 747-400BCF

  • 737-900ER

  • 777-300ER/200LR

  • 747-400LCF

  • 747-8F/-8I

  • 787-8/9/10 Dreamliner

 

Zudem arbeitete das Zentrum auch an den Flugwerken, der Innenausstattung und den Systemdesigns der Modelle 747-400 BCF, 777-200LR und 777-300ER sowie dem Frachtflugzeug 747 LCF.

Zurzeit arbeitet das BDC an den Primärstrukturen des Rumpfes sowie der Flügel für die zukünftige 777X-Serie des Flugzeugbauers.

Boeing 747-400 / Bob Riha, Jr.,/Getty ImagesBoeing 747-400 / Bob Riha, Jr.,/Getty Images

Aber nicht nur Boeing profitiert von der russischen Expertise im Flugzeugbau. Auch Airbus, der größte europäische Hersteller von kommerziell genutzten Flugzeugen, betreibt ein Design-Zentrum in Moskau. Das 2003 gemeinsam mit AFK Sistema und der Kaskol-Group gegründete Engineering Center Airbus in Russia (ECAR) war das erste Projekt dieser Art, das Airbus außerhalb Europas aufbauen ließ.

Warum zieht es ausländische Unternehmen nach Russland, um sich dort die besten Talente zu sichern? Aus Sicht von Alexander Kirejzew, dem Generaldirektor des ECAR, gibt es dafür mehrere Gründe.

„Die russische Ingenieursschule ist weltweit anerkannt und unsere Spezialisten verfügen über sehr gute Qualifikationen“, sagt er gegenüber RBTH. „Zudem war Airbus zu jener Zeit (2003, Anm. d. Red.) sehr daran interessiert, Verbindungen zu russischen Produzenten aufzubauen.“ Die Gründung eines Zentrums sei einer der Wege gewesen, dieses Ziel zu erreichen. „Letztlich hat man sich dazu entschieden, einige der Komponenten für Airbus-Flugzeuge in Russland fertigen zu lassen. Seitdem erfüllen wir diese Aufgabe sehr erfolgreich.“

Und tatsächlich arbeitete der europäische Flugzeugbauer in den vergangenen Jahren mit russischen Unternehmen wie dem Flugzeugbauer Irkut, dem Getriebebauer Hydromash und dem Titaniumproduzenten VSMPO-Avisma zusammen.

Letzteres Unternehmen kooperiert auch mit Boeing. Deren Gemeinschaftsunternehmen im Ural führt Schmiede- und Formungsaufgaben für die Boeing-Serien 737, 777 und 787 aus. Im Dezember 2016 vereinbarten die Unternehmen zudem, ein zweites Werk in einem Wirtschaftscluster für die Titaniumindustrie aufzubauen. Es soll 2018 den Betrieb aufnehmen.

Boeing und VSMPO-Avisma Werchnjaja Salda, Oblast Swerdlowsk / Pavel Lisitsyn/RIA NovostiBoeing und VSMPO-Avisma Werchnjaja Salda, Oblast Swerdlowsk / Pavel Lisitsyn/RIA Novosti

“Es ist schwer abzuschätzen, wie groß der Beitrag unseres Zentrums zu dem finalen Airbus-Produkt ist, aber ich kann sicher sagen, dass heute 4 000 Flugzeuge mit unseren Designs im Einsatz sind“, betont Kirejzew. „Wir arbeiten aber auch an Projekten für Unternehmen in anderen Industrien, wie zum Beispiel der nuklearen Energie, im Eisenbahn- und Maschinenbau.“

In den vergangenen Jahren trugen die russischen Experten zu allen Serien der Airbus-Flugzeuge bei. Dazu gehörten:

  • A320/A319/A321 serial

  • A320/A319/A321 Sharklet

  • A320/A319/A321neo

  • A321 Cabin Flex

  • A330-200/300 serial

  • A330-200 GMF

  • A330neo

  • A350XWB-900

  • A350XWB-1000

  • A380

Mehr als 120 Projekte wurden durchgeführt. Laut Kirejzew wurden 80 Prozent der strukturellen Ingenieursarbeiten am neuen A330-200 GMF ebenfalls von Ingenieuren des ECAR ausgeführt.

Airbus A350 XWB / Vladimir Pesnya/RIA NovostiAirbus A350 XWB / Vladimir Pesnya/RIA Novosti

Auch in die Entwicklung des neuen Passagierjets A350 XWB, dem größten Konkurrenten des Boeing Dreamliners, war das russische Zentrum von Beginn an eingebunden.

„Wir haben an der Integration der hinteren Segmente des Rumpfes gearbeitet, Module für die Verbesserung der Systeme sowie Gepäckablagen entwickelt und zur Innenausstattung und anderen kleinen Bauteilen des Flugzeugs beigetragen“, sagt Kirejzew.

Dabei habe das Zentrum einige neue Entwicklungen gemacht und sei dafür vom Airbus-Management ausgezeichnet worden. Alle daraus entstandenen Patente gingen allerdings an den europäischen Mutterkonzern über.

Unter den 200 permanenten Mitarbeitern des ECAR sind viele ehemalige Studenten des Moskauer Luftfahrtinstituts MAI, der Staatlichen Technischen Universität Moskaus sowie der Russischen Staatlichen Technischen Universität MATI, die mittlerweile Teil des MAI ist. Im Boeing Design Center in Moskau ist die Situation ganz ähnlich. 250 Festangestellte arbeiten dort neben 1 200 in Projekten beschäftigten Ingenieuren von russischen und ukrainischen Ingenieurbüros wie Iljuschin, Sukhoi und Chrunitschew sowie privaten Unternehmen wie NIK oder Progresstech. Der größte Teil der Festangestellten, inklusive der Direktoren, hat die russische Staatsbürgerschaft.

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